14. September 2010, Schweiz
Der Berner Zibelemärit - Ein junges Märchen und die alte Wirklichkeit
Am 14. Mai 1405 bricht in Bern in der Schweiz kurz vor fünf Uhr nachmittags Feuer aus an der Brunngasse. Ein kräftiger Nordwind weht die Flammen in wenigen Minuten bis an das gegenüberliegende Aareufer. 650 Holzhäuser verbrennen und 100 Menschen finden den Tod. Alle umliegenden Städte sammeln Geld und senden Helfer. Bewundernswert ist die Hilfe der Freiburger: zwei Monate lang räumen sie unter der Leitung ihres Ratsherren N. Gambach den Brandschutt weg und geben alle gefundenen Wertgegenstände getreulich ab.
Nun behauptet ein kühnes Märchen, welches vor 60 Jahren in einer Stadtberner Schulstube geboren worden ist, die Berner hätten den Freiburgern erlaubt, sie dürften zum Dank fortan jeden Herbst ihre Zwiebeln in Bern verkaufen. Und so habe 1406 der erste „Zibelemärit“ stattgefunden. Doch in der Stadtchronik von Conrad Justinger, der den Brand miterlebt hat, steht nichts von einem Zwiebeldank. Es wäre auch ein schlechter Dank! Woher hätten die hundert Freiburger Helfer, lauter Städter, Zwiebeln für einen Jahrmarkt hernehmen sollen? Monokulturen bestehen um diese Zeit noch nicht im Seeland. Zudem pflanzen die Bernerinnen damals selbst Gemüse hinter den Häusern. Und wenn der Ertrag nicht reicht, kaufen sie Zwiebeln am Wochenmarkt im Zibelegässli.
Der „Zibelemärit“ beginnt viel später. Im 18. Jahrhundert bringen Bäuerinnen ihr, oberhalb des Murtensees am Mont Vully kultiviertes, Gemüse auf die Märkte in Freiburg, Murten und Neuenburg. In der Zeit um 1850 tauchen diese „Marmettes“, vorerst fast unbemerkt, am ersten Tag der uralten, vierzehntägigen Berner Martinimesse nun auch in Bern auf und verkaufen vor allem Zwiebeln, aber auch „Sunnewirbel“ (Endivien), Lauch und Sellerie, „Artefüfi“ (Schwarzwurzeln), Nüsse, Kastanien, Stein- und Kernobst. Dank der vorzüglichen Qualität der Produkte und der freundlich fröhlichen Verkäuferinnen blüht der neue Gemüsemarkt rasch auf. Schon 1860 rühmen die Zeitungen, die Messe beginne nun mit einem „Zwiebelmarkt“.
Der „Zibelemärit“ hat sich also bei der viel älteren Martinimesse richtig eingenistet. Wie die Messe selbst entstanden ist? Seit dem Spätmittelalter - lange vor dem Stadtbrand von 1405 - feiern die Berner wie die übrigen Bewohner des süddeutschen Raumes jeweils um Martini den Übergang vom Sommer- zum Winterhalbjahr mit festlichen Mahlzeiten, Umzügen und Lichterbräuchen; an denen sich die Jugend mit viel Lärm ausgiebig beteiligt. Ein gut besuchter Wochenmarkt begleitet das Fest, bietet alles für den Winterbedarf, lockt mit Vergnügungen, dehnt sich immer mehr aus und wird deshalb 1439 von der Obrigkeit zur zollfreien mehrtägigen Martini-Warenmesse erhoben. Ebenfalls 1439 erhält Bern auch eine Ostermesse.
In unserem Jahrhundert blasen grosse Warenhäuser den Messen langsam das Licht aus. Die Ostermesse verschwindet nach dem zweiten Weltkrieg, und von der Martinimesse ist nur noch der erste Tag (immer der vierte Montag im November) mit dem „Zibelemärit“ übriggeblieben. Erhalten hat sich aber an diesem Tag mittelalterliches Martini-Brauchtum: das Festessen mit Käse- und Zwiebelkuchen und der wilde Korso der Jugend in der Spitalgasse. Nur die Lichterbräuche sind verschwunden. Kräftig am Leben geblieben ist dafür der immer noch zweiwöchige Jahrmarkt zu Ostern und zu Martini.
Der „Zibelemärit“ in Bern findet immer am vierten Montag im November in der Berner Altstadt statt.
Das könnte Sie noch interessieren
Weingenuss in vollen Zügen: der Bernina Wein Express
Der Bernina Wein Express bringt Bahnenthusiasten und Weinliebhaber von Mai bis Oktober zum Weingut La Gatta im VeltlinAlles neu macht der Mai: Vom 14. Mai bis 25. Oktober 2024 rollt der Bernina Wein Express der Rhätischen Bahn erstmals durch die Schweizer Alpen. Auf der jeweils dienstags bis freitags buchbaren Extrafahrt von St. Moritz nach Tirano und zurück erleben Bahnfreunde und Geniesser die eindrückliche Natur durch die modernen Panoramafenster des Bernina Express. Schweizer Alpenpanorama t...
Epic Pass erweitert ab der Wintersaison 2024/25 sein europäisches Resort-Angebot
Skigebiet Crans-Montana ist jetzt neu beim Epic Pass dabeiMit der geplanten Aufnahme des Crans-Montana Mountain Resort in das Epic Pass-Angebot im kommenden Winter* wird der Multi-Resort-Saisonpass zu einer attraktiven Option für Skifahrerinnen und Skifahrer sowie Snowboarderinnen und Snowboarder in Europa. Jetzt ist es an der Zeit, für den nächsten Winter zu planen, denn der Epic Pass 2024/25 ist soeben in den Verkauf gegangen und kann de...