2. März 2011, Dänemark
Volksabstimmung auf Bornholm - Leonora Christina
Umstrittende Königstochter Leonora Christina wird nun doch Namenspatronin der neuen Ostsee-SuperfähreJetzt sprach das Volk: Die neue Superfähre der Reederei BornholmerFærgen wird nun doch „Leonora Christina“ heißen. Bei einer öffentlichen Abstimmung über den Namen, zu der sich die Reederei nach heftigem Streit in der Bevölkerung gezwungen sah, erreichte die Königstochter aus dem 17. Jahrhundert schon im zweiten von drei möglichen Wahlgängen mit hauchdünnen 50,27 Prozent die erforderliche absolute Mehrheit der abgegebenen 9.340 gültigen Stimmen. Im Vergleich zu ihren vier Konkurrentinnen war der Sieg souverän: Sogar die im Lande ungemein populäre Prinzessin Mary, Frau des Kronprinzen Frederik, musste sich mit nur 18,5 Prozent der Stimmen begnügen – Platz 3.
Damit fällt in Dänemark eine weitere Männerdomäne: Noch nie trug eine Fähre auf den seit 1866 im Liniendienste befahrenen Routen zwischen der Sonneninsel in der Ostsee und dem Mutterland einen Frauennamen. Zuletzt waren starke Typen aus dem Freiheitskampf der Bornholmer gegen schwedische Besatzer im Jahr 1658 Namenspatrone wie Povl Anker und Villum Clausen.
Leonora Christina lebte 1621–1698, bezeichnete sich gern als Lieblingstochter des dänischen Renaissancekönigs Christian IV. und war Gräfin von Schleswig und Holstein. An Bornholm dürfte sie kaum schöne Erinnerungen gehabt haben, saß sie dort doch 17 lange Monate im Turm der Burg Hammershus in Festungshaft. Später folgten weitere 22 Jahre Haft in Kopenhagen.
Leonora Christina war bei ihrem Halbbruder und Nachfolger ihres Vaters Frederik III. in Ungnade gefallen, weil sie auch dann noch zu ihrem Mann, Ex-Reichshofmeister Corfitz Ulfeldt hielt, als der längst wegen Hochverrats zum Vorteil des damaligen dänischen Erzfeindes Schweden zum Tode verurteilt war. Das war auch der Grund für den Streit über den Namen der neuen Fähre, der jetzt zur Volksabstimmung führte.
Leonora wurde trotz alledem eine Ikone ihrer Zeit, weil sie mit ihren Haft-Erinnerungen ›Jammers Minde, Denkwürdigkeiten der Gräfin Leonora Christina Ulfeldt‹ das erste bedeutende Werk dänischer Literatur nach dem Mittelalter schrieb. Seit 2006 gehört es zum offiziellen dänischen Kulturkanon, dem Kulturerbe des ältesten Königreichs der Welt, in einem Atemzug genannt mit Hans Christian Andersens Märchen oder der Kleinen Meerjungfrau in Kopenhagen.
Die bis zu 40 Knoten – etwa 75 km/h – schnelle „Leonora Christina“ wird mit 113 m Länge und einer Kapazität von 1.400 Passagieren und 357 Fahrzeugen eine der größten kommerziell genutzten Doppelrumpf-Fähre weltweit sein. Das in Westaustralien gebaute Schiff wird nach einer Reise um die halbe Welt Anfang Mai in ihren neuen Heimatgewässern erwartet und soll ab 15. Juni in den Fahrplan von BornholmerFærgen integriert werden. Sie wird dann bis fünfmal täglich in jede Richtung zwischen Bornholm und Ystad in Südschweden pendeln mit einer planmäßigen Überfahrtszeit von ca. 80 Minuten – konventionellen Fähren brauchen etwa zweieinhalb Stunden.
Die Indienststellung der „Leonora Christina“ setzt bei BornholmerFærgen Kapazitäten frei, die im Sommer 2011 zwischen Deutschland und Bornholm auf der Route Sassnitz Mukran (Insel Rügen) – Rønne zum Einsatz kommen. Dort wird auf allen wichtigen Abfahrten die M/F Povl Anker eingesetzt. Die konventionelle Fähre kann 240 PKW und 1.500 Passagiere transportieren, was eine Verdoppelung der PKW- und annähernd eine Vervierfachung der Passagierkapazitäten auf dieser Route bedeutet. Nach Reedereiangaben ist kein Einsatz einer Schnellfähre auf der Direktroute nach Deutschland geplant, was die Überfahrt von gut 3,5 auf 2 Std. verkürzen könnte.
BornholmerFærgen ist Teil der im Januar gebildeten Danske Færger A/S, die über Dänemark verteilt acht Linien mit 13 Fähren bedient und damit größte innerdänische Fährreederei ist. Fahrpläne und Buchungsportal für BornholmerFærgen auch in deutscher Sprache: www.bornholmerfaergen.dk. Informationen über Bornholm: www.bornholm.info, www.bornholm.de.