19. April 2013, Bayern
(Wieder) Bekanntschaft mit Jean Paul schließen
Das zweite fränkische Original, das im Jahr 2013 eine besondere Würdigung erfährt, ist Jean Paul. „Er steht geduldig an der Pforte des zwanzigsten Jahrhunderts und wartet lächelnd, bis sein schleichend Volk ihm nachkomme“, prophezeite der Literaturkritiker Ludwig Börne 1825 in seiner Gedenkrede zum Tod des Dichters. Tatsächlich aber musste Jean Paul bis ins 21. Jahrhundert warten – nun aber, im Jahr 2013, in dem er 250 Jahre alt geworden wäre, werden der Schriftsteller und sein Werk von einer breiten Öffentlichkeit wieder entdeckt.
Zu Lebzeiten war Jean Paul (1763-1825) einer der erfolgreichsten Schriftsteller, einer, der von seiner Literatur leben konnte. Während jedoch seine Zeitgenossen Goethe und Schiller zu Klassikern wurden, geriet der fränkische Schriftsteller mehr und mehr in Vergessenheit – außer in seiner Heimat. Geboren als Johann Paul Friedrich Richter in Wunsiedel, aufgewachsen in Joditz und Schwarzenbach, verbrachte Jean Paul seine letzten 21 Lebensjahre in Bayreuth. Von dort aus findet im Jubiläumsjahr 2013 die Vernetzung mit anderen Jean-Paul-Städten im In- und Ausland statt: In Bayreuth sitzt der Verein „Jean Paul 2013 e.V.“, der europaweit mehr als 200 Veranstaltungen im Jean-Paul-Jahr koordiniert und in einem Programmheft zusammenführt.
Jean Paul hören
Die Veranstaltungen nähern sich dem Literaten auf vielfältige Art und Weise. Natürlich gibt es eine ganze Reihe von Lesungen – aus dem Werk Jean Pauls oder auch zum Autor selbst. Bei der Lesereihe „Mein Kollege Richter – Schriftsteller über Jean Paul“ beispielsweise loten bekannte deutschsprachige Autoren ihren Kollegen aus verschiedensten Perspektiven aus (noch bis 22. November 2013 in Hof, Rehau, Wunsiedel, Coburg, Berlin, und Bayreuth).
Eine wunderbare Verbindung gehen im Jean-Paul-Jubiläumsjahr Musik und Literatur ein – nicht von ungefähr, begann doch die Rezeption Jean Pauls in der Musik bereits zu seinen Lebzeiten; Robert Schumann und Gustav Mahler haben nach Jean Pauls Werken komponiert. In dieser Tradition steht die Konzertreihe „Ton-Dichtungen“: Unter dem Titel „Das Klavier als Resonanzboden“ werden Werke für Klavier von Carl Philipp Emanuel Bach, Robert Schumann und Stephen Heller mit Lesungen aus Jean Pauls Texten kombiniert (23. Juni 2013, Bad Berneck; 12. September 2013, Bayreuth). Als „Reminiszenzen: Jean Paul im 19. und 20. Jahrhundert“ findet am 24. Oktober 2013 in Bayreuth ein Kammerkonzert u.a. mit Werken von Robert Schumann statt; Kulmbach widmet sich mit „Reminiszenzen: Jean Paul im Lied“ am 8. November 2013 Werken von Haydn, Schumann und Sauguet.
Jean Paul lesen
Eine ganz besondere Reminiszenz ist das Projekt „Jean Pauls Taschendruckerei“: Jugendliche im Alter von 11 bis 19 Jahren haben sich daran beteiligt und zu Jean Pauls Werktiteln „Dr. Katzenbergers Badereise“, „Der Komet“, „Des Luftschiffers Giannozzo Seebuch“ und „Der Maschinenmann“ lustige und traurige, hinreißende und herzerwärmende, oftmals überraschende Geschichten geschrieben. Eine Jury hat die besten Texte ausgewählt, die am 19. September 2013 in Wunsiedel von ihren Autorinnen und Autoren der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Auf dem „Literaturportal Bayern“, der Onlinepräsenz der Bayerischen Staatsbibliothek München, wird eine Online-Publikation die eindrucksvollsten Geschichten und die kreativen Köpfe dahinter präsentieren.
Jean Paul sehen
Auf die Theaterbühne kommt Jean Paul zu seinem 250 Geburtstag aber auch: „Jean Paul meets Goya“ heißt es vom 24. bis 26. April 2013 in Hof, „Wer ist Jean Paul“ fragt Wunsiedel am 27. April 2013. In Wunsiedel spielt man „Der Legationsrat“ (9. Juni 2013) und in Bayreuth „Dr. Katzenbergers Reisen“ (22. Juni 2013). Bei den Luisenburg- Festspielen in Jean Pauls Geburtsstadt Wunsiedel wird das Stück „Jean Paul – Jetzt“ auf der Freilichtbühne im Felsenlabyrinth aufgeführt. Autor Werner Fritsch hat dafür Originaltexte von Jean Paul mit Texten seines Zeitgenossen Goethe kontrapunktiert (25. Juli bis 4. August 2013).
Ausstellungen stellen das ganze Jahr über – in Jean- Paul-Städten von Bayreuth bis Zwickau – verschiedene Aspekte des Jubilars vor. Etwas für Büchernarren sowie für Bewunderer Jean Pauls ist die Ausstellung „Autographen, bibliophile Drucke, Illustrationen – Jean Paul zum 250. Geburtstag“, die vom 29. April bis zum 13. Juli 2013 in der Bamberger Staatsbibliothek gezeigt wird.
Im Zentrum der Ausstellung stehen Briefe, die Jean Paul an den jüdischen Handelsherrn und Bankier Emanuel Osmund richtete, seinen wichtigsten Brief- und engsten Seelenfreund.
Litfaßsäulen-Ausstellung
Um die Wirkungsstätten des Dichters dreht sich auch die Litfaßsäulen-Ausstellung mit Informationen zu Jean Paul und seinen Werken: 25 Städte in fünf deutschen Bundesländern und der Tschechischen Republik beteiligen sich an der Geburtstagsaktion. Jean-Paul-Litfaßsäulen markieren dort die Jean-Paul-Landkarte. Sie verbinden die Orte miteinander, in denen der fränkische Dichter lebte und arbeitete oder zu denen er reiste – eine Initiative des Vereins „Jean Paul 2013“. Eingebettet in die sozialen, politischen und gesellschaftlichen Geschehnisse seiner Zeit wird Jean Pauls Lebensweg und mit Zitaten sein Werk dargestellt. Auf jeder Litfaßsäule ist ein Bereich den lokalen Bezügen und Ereignissen vorbehalten. Standorte in Franken sind Bamberg, Bayreuth, Coburg, Erlangen, Hof, Joditz, Neustadt an der Aisch, Nürnberg, Schwarzenbach an der Saale, Töpen und Wunsiedel.
Wege zu Jean Paul
Einige dieser Standorte liegen auch auf dem Jean-Paul- Wanderweg, der über 200 Kilometer die oberfränkischen Jean-Paul-Orte und -stätten von Joditz (Jean-Paul-Museum) über den Geburtsort Wunsiedel und den Sterbeort Bayreuth (Jean-Paul-Museum und Rollwenzelei) bis nach Sanspareil verbindet. Der Weg bringt Wanderer und Dichter einander näher, denn er wird von Tafeln mit Jean Pauls Aphorismen gesäumt (www.jean-paul-aktuell.de). Im Jubiläumsjahr 2013 kann man den Jean-Paul-Wanderweg bei geführten Wanderungen entdecken: von Joditz bis Schwarzenbach/Saale (2. Juni), von Schwarzenbach bis Weißenstadt (16. Juni), von Weißenstadt bis zur Luisenburg (30. Juni), von der Luisenburg bis Bischofsgrün (14. Juli), von Bischofsgrün bis Bindlach (4. August), von Bindlach bis Schloss Fantaisie (18. August) und von Schloss Fantaisie bis Sansparail (1. September).
Der vielleicht genussvollste Weg zu Jean Paul geht durch den Magen: Der Genussmensch Jean Paul war nicht nur dem fränkischen Bier, sondern auch gutem Essen sehr zugeneigt und beschrieb die Gerichte seiner Zeit auch in seinen Romanen.
„Hoppelpoppel und Schnepfendreck – Jean Paul häppchenweise“ sind die Kochseminare der Wunsiedler Food-Designerin Beate Roth betitelt, bei denen man am 23. April 2013 in Hof und am 11. Juni 2013 in Schwarzenbach/ Saale ein Finger-Food-Menü mit Gängen aus seinen Werken zubereitet.